Wohn- und Dienstleistungsquartier Rheda-Wiedenbrück

  • Jahr: 2019

  • Platzierung: 1. Platz

Städtebau

Ein Ensemble aus in der Höhe gestaffelten, winkelförmigen Baukörpern spannt auf dem rund 12,8 ha großen Baufeld vier urbane Höfe auf. Auf der östlichen Seite des neuen Quartiers werden diese um Punkt- bzw. Reihenhäuser ergänzt, die die dort vorherrschende kleinteilige Körnung des sich anschließenden Wohnquartiers aufnehmen. Das neue Quartier schafft so einen maßvollen Übergang zwischen den unterschiedlichen Maßstäben, von denen es umgeben wird. Die Bebauung stellt sich hierbei 3-geschossig mit zurückgeneigten Dachgeschossen entlang der Hauptstraße und 2- bis 3-geschossig entlang der Mellagestraße dar. Die geneigten Fassaden der obersten Geschosse stellen eine Verwandtschaft zu den vorherrschenden Satteldachtypologien der näheren Umgebung her. Die nordwestliche Ecksituation stellt den repräsentativen Auftakt für das neue Quartier dar. Die Gebäudestellung und Geschossigkeit bilden hier eine Torsituation in das Quartiersinnere aus.

Freiräume

Von der öffentlichsten Platzsituation im Nord-Westen ausgehend entfaltet sich eine Folge von Höfen mit unterschiedlichem Charakter. Der nördliche Hof bietet als Wohn- und Geschäftshof sowohl halböffentliche Platzflächen als auch private Grünräume. Südlich davon schließt sich als „Shared Space“ der Quartiersplatz an. Eine ergänzende Erschließung in Ost-West-Richtung verbindet hier den Anschlusspunkt an der Hauptstraße via à vis zur Zufahrt zum neuen Nahversorger mit dem nördlichen Teilbereich der Mellagestraße. Hier befinden sich zentral die Zufahrten zu beiden Tiefgaragen. Das Verschwenken der Straße sorgt zum einen für einen geringeren Lärmeintrag in den rückwärtigen Bereich und verhindert schnelle Durchgangsverkehre. Zum Platz hin orientieren sich mehrere Gewerbeeingänge und eine Gastronomieeinheit mit Westausrichtung, die den Platz zusätzlich belebt. Von dort aus Richtung Süden folgen ein weiterer Wohn-/Gewerbehof, in dem sich wiederum halböffentliche und private Freiflächen verzahnen und auf der südlichen Parzelle der vierte sog. „Mehrgenerationenhof“. Jeder Wohnhof bietet Spielangebote für Kleinkinder. Fußgänger und Radfahrer können das Quartier in Nord-Süd sowie in Ost-West-Richtung auf vielfältige Weise durchqueren.

Nutzungsstruktur

Die insgesamt 89 Wohneinheiten bilden ein breites Spektrum an unterschiedlichen Wohnformen und -größen ab. Neben Geschosswohnungen unterschiedlicher Größe werden freistehende Reihenhäuser, integrierte Reihenhäuser, Maisonette-Wohnungen, 20% öffentlich-förderfähige Wohnungen sowie im spezifischen (Cluster-) Wohngemeinschaften für betreutes Wohnen bzw. Mehrgenerationenwohnen auf dem südlichen Baufeld angeboten. Letztere werden im Erdgeschoss um eine Kindertagespflegegruppe, einen Turnraum, Arztpraxis, Pflegebüro und einen offenen Mehrgenerationentreff ergänzt, was der südlichen Parzelle in Gänze eine besondere Widmung für das Zusammenleben von Jung und Alt gibt. Der besonderen städtebaulichen Lage entsprechend gibt es am nordwestlichen Eckpunkt zwei Turmwohnungen mit besonderem Ausblick in Baukörper 1 und ein großes Penthouse mit schaltbarer Studiowohnung in BK 2 als „Laterne“ zum Verkehrsknotenpunkt. Der Schallschutz-Thematik entlang der Hauptstraße wird in Teilbereichen durch eine Laubengang-Typologie begegnet. Im übrigen haben alle Wohnungen Aufenthaltsräume und Freisitze zum Innenbereich und zur Hauptstraße hin orientierte Schlafräume erhalten schallschutzoptimierte Außenluftdurchlässe. Im Erdgeschoss entlang der Hauptstraße und dem Nordring werden unterschiedliche Gewerbe-/Dienstleistungsflächen angeboten. Nutzungen wie Apotheke, Fachdrogerie etc. ergänzen idealerweise den neuen Nahversorger so, dass die Bewohner Ihre täglichen Bedarfe im Quartier abdecken können. Generell bietet die städtebauliche Figur eine hohe Nutzungsflexibilität und Offenheit.

Architektursprache

Der exponierten Lage des neuen Ensembles entsprechend erhalten die Fassaden und geneigten Dachflächen eine wertige, keramische Hülle in unterschiedlichen rot-bräunlichen Nuancen (z.B. Petersen Cover). Diese ist langlebig und recyclebar. Optional wäre auch ein Verblendstein mit farblich abgestimmter Dachdeckung vorstellbar. Die öffentlichen Bereiche im Erdgeschoss sind als Sockelgeschoss mit großzügigen Schaufenstern ablesbar, die eine Einfassung aus eingefärbtem Beton- oder Naturstein erhalten. Zur nordwestlichen Platzsituation hin stellen sich diese als Arkaden dar.

Bauabschnitte / Parzellen

Für die Realisierung des Quartiers lassen sich drei (oder auf Wunsch weitere) sinnvolle Bauabschnitte bilden. Im ersten Schritt wird die nördliche Tiefgarage mit Erschließung über die neue Ost-West-Querung realisiert. Zum ersten Bauabschnitt gehören oberirdisch die Baukörper 1-5. Im Anschluss wird der erste Teil der südlichen TG errichtet, der den Baukörpern 6-9 zugeordnet ist. In einem letzten Schritt wird die Tiefgarage nach Süden hin erweitert (optional mit Realteilung) und die Baukörper 10 und 11 entstehen oberirdisch auf den jetzigen Parzellen 203/47 und 204/47. Da dieser letzte Baustein dem Wohnen im Alter bzw. dem Zusammenleben von Alten und Jungen / Jugendlichen Menschen gewidmet ist, wäre auch vorstellbar diesen als annähernd autofreien Bereich ohne TG zu realisieren.